Gender-Gutachten von Hans-Jürgen Papier: Sprache muß verständlich und lesbar sein

Erlangen, 8. August 2022 – Weder aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes noch aus dem Schutz der geschlechtlichen Identität als Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergibt sich eine absolute verfassungsrechtliche Verpflichtung zu geschlechtergerechter Rechts- und Amtssprache. Das geht aus einem Rechtsgutachten des renommierten Verfassungsrechtlers Hans-Jürgen Papier hervor.

In Auftrag gegeben hat das Gutachten die in Düsseldorf ansässige Theo-Münch-Stiftung für die Deutsche Sprache. Es widmet sich grundsätzlich der Frage, ob Gendern eine verfassungsrechtliche Verpflichtung sei. Das Gutachten liegt der DEUTSCHEN SPRACHWELT vor. Es kann hier kostenlos heruntergeladen werden:
https://deutsche-sprachwelt.de/gutachten_papier_gendern-als-verfassungspflicht

Papier ist einer der herausragendsten Verfassungsrechtler. Als Richter am Bundesverfassungsgericht hat er sich bereits 1998 am Urteil zur Rechtschreibreform beteiligt und ist somit ein Fachmann auf dem Gebiet staatlicher Eingriffe in die Sprache. Zwischen 2002 und 2010 war er zudem Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

Wie bereits aus dem Urteil zur Rechtschreibreform hervorgeht, enthalte das Grundgesetz kein grundsätzliches Verbot, die Sprache zum Gegenstand staatlicher Regelung zu machen. Dennoch billige das Bundesverfassungsgericht dem Staat „keine unbegrenzte Regelungsbefugnis“ zu: „Begrenzungen ergeben sich aus der Eigenart der Sprache für Art und Ausmaß einer Regelung.“ Von Relevanz seien besonders Lesbarkeit und Verständlichkeit von Texten.

Zu beachten sei hier die Feststellung des Rates für deutsche Rechtschreibung, daß die Nutzung von Gendersternen und anderen typographischen Zeichen innerhalb von Wörtern die Verständlichkeit, Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten beeinträchtigt. Papier: „Das Verständlichkeitsgebot im Hinblick auf die Amts- und Rechtssprache genießt als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang und kann einem Gebot geschlechtergerechter Sprache entgegenstehen.“

Darüber hinaus wäre eine staatliche Regelung, welche die Privatpersonen zu einer geschlechtergerechten Sprache verpflichtete, unverhältnismäßig und verfassungsrechtlich unzulässig. Auch eine Rechtschreibreform, welche die Schüler zu Genderschreibweisen zwingt, wäre verfassungsrechtlich unangemessen und somit unzulässig, da sie nicht den allgemein üblichen Sprachgebrauch nachzeichnete.

 


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8 Kommentare

  1. Der Fehler liegt schon darin das Gendern als „geschlechtergerecht“ zu bezeichnen. Das ist eine Verkaufsbezeichnung und sie impliziert, dass die deutsche Sprache nicht geschlechtergerecht ist.
    Ich könnte mir auch eine Sprache ausdenken und behaupten das diese die „wirklich geschlechtergerechte Sprache“ ist. Dann müssen alle die wirkliche Geschlechtergerechtigkeit wollen diese Sprache verwenden.

    Genderisten führen an das bei dem Wort „Ärzt:innen“ (oder wie auch immer) die Menschen eher an Frauen denken. Das ist ja wirklich bemerkenswert, dass bei eine Schreib- und Sprechweise die bis auf einem Zeichen der exklusiv weiblichen Form entspricht, eher an Frauen gedacht wird!
    Ich bin kein Sprachexperte, habe aber auch schon gelesen das es ein generisches Maskulinum sprachhistorisch gar nicht gibt. Das es sich bei dem Wort „Bürger“ nur um männliche Bürger handeln soll, kann höchstens durch den Kontext bestimmt werden. „Bürgerinnen“ ist hingegen schon immer die exklusiv weibliche Form. Frauen haben eine eigene Form. Männer nicht. Die Besserstellung ist nicht ungewöhnlich. So ist z.B. das Gegenstück zu „Mann“ nicht „Frau“ sondern „Weib“. Trotzdem sagen wir Mann und Frau. Frau ist die höflichere Form und die gesteht man jeder Frauen, egal welchen Standes, zu.
    Denn komplett entgegen feministischen Behauptungen haben Frauen und auch Männer einen positiven Bias FÜR Frauen.

  2. Wer in seinem Leben keine Erfolgserlebnisse kennt, der radikalisiert sich in Form von „Gendern“. Prinzipiell ist es eine Frechheit ggü. Frauen die Gesellschaft zum „Gendern“ vergewaltigen zu wollen.Aber: Doof sein kann Mensch von früh bis spät, weil es von alleine geht.

  3. Das Gendern insbesondere in den öffentlichen Fernsehen ist wider die Verfassung.
    Da die Mehrheit gegen das Gendern ist gehört es abgeschafft. die verwendung von nur weiblichen Ausdrücken bedeutet für den normalen Zuhörer oder Zuschauer, das es keine männlichen z.b. Patienten, Minister, Ärzte, Kunden, etc gibt.
    Ich schalte ab wenn es zu arg wird.

  4. Geschlechtergerichtete Redeweise ist weder sachgerecht noch gleichheitlich. Sie mißdeutet Bezeichnungen übergeschlechtlicher Gattungen wegen der Wortform als eingeschlechtlich. Mit der paarigen Rede leitet sie das Geschlecht mit eigener Endung beiläufig, aber anspruchswidrig, von der anderen Teilmenge ab, die keine hat.
    Psycholinguistische Befunde, die dafür angeführt werden, bestätigen nur den Brauch, daß unterschiedliche Leute die Bedeutungsbreite von Begriffen in unterschiedlichem Zusammenhang verschieden einsetzen. Aus enger Wortdeutung bei geschlechterbezogenen Fragen fogt keineswegs ein Bedarf zum Tschändern. Man kann den Leuten auch geschlechtsfreie Bedeutungen nahe bringen. Wem morgends die Sonne aufgeht, dem kann die Erdumdrehung erklären.
    Sprache steuert Bewußtsein? Mächtiger ist die Sicht auf die Sache, indem sie den Wortgehalt prägt un wandelt.
    Das Verhalten ist eigenständig: Lange vor dem Tschändern begann der Zustrom von Fauen in „Männer“Berufe; vom gelernten Bauern über den Lehrer bis zum Schornsteinfeger.

  5. Da frage ich mich wirklich, auf welche experimentellen Untersuchungen sich Papier in seinem Gutachten bezieht. Es kenne kein wissenschaftliche Experiment oder eine andere Untersuchung, welche belegt, dass es ein 3. Geschlecht gibt bzw. Geschlechter fluide sind. Im Gegenteil: Das natürliche (hier fälschlicherweise biologisches) Geschlecht ist eindeutig binär.
    Ich fürchte, es ist wieder der übliche Quatsch: Unter dem Vorwand der Neutralität (oder des Kompromisses) werden Fakten, Fantasievorstellungen und Behauptungen als gleichwertig betrachtet und in die Urteilsfindung einbezogen – und dadurch geht die Tendenz mittelfristig dann immer Richtung Blödsinn – in der Poltik genauso wie in der Rechtsprechung.
    Aber ich mag mich irren – vielleicht kann ja jemand die Quelle, auf die sich Papier bezieht, benennen.

  6. Nachtrag zu meinem Kommentar: Oder Papier bezieht sich auf die Untersuchungen zum „male bias“. Hier gibt es nur sehr wenige Untersuchungen, die überhaupt fundierte wissenschaftliche Aussagen zulassen – und die Widerlegen den „male bias“. Das sind keine experimentelle Befunde, die irgendwas stützen, über das Papier dann referiert. Geheimnisvoll.
    Konnte bisher jedenfalls keine Quelle ausmachen, die die Aussage stützen würde.
    Ebenfalls seltsam: Er führt das Gleichstellungsgesetzt an, dass ja vorschreibt, die Gleichstellung von Männern und Frauen müsse sprachlich zum Ausdruck kommen. Da in Genderkonstrukten ausschließlich Frauen „sichtbar“ sind, ist die Verwendung der Gendersprache ein eindeutiger Verstoß, worauf er aber überhaupt nicht eingeht.
    Sehr, sehr seltsam.

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