Karl-Heinz-Requard, Peter Vogelgesang und F.A.Z.

Unsere Leser haben entschieden:

Diese Menschen haben sich um die deutsche Sprache verdient gemacht!

Karl-Heinz Requard ist der Rechtschreibwahrer des Jahres 2000.

Peter Vogelgesang ist der Wortschatzwahrer des Jahres 2000.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) ist der Sprachstilwahrer des Jahres 2000.

Rechtschreibwahrer Karl-Heinz Requard

Karl-Heinz Requard ist der Rechtschreibwahrer des Jahres. Die Begründungen, die unsere Leser eingesandt haben, sprechen für sich. Hier eine Auswahl: „Herr Requard hat sich in besonders herausragender Weise für den Erhalt unserer Sprache verdient gemacht. Er setzte sich mit einer unvergleichlichen Energie, Ausdauer und Hartnäckigkeit gegen die unsinnigen Rechtschreibregeln fachlich-gekonnt ein. Wenn Karl-Heinz Requard als Gehbehinderter mit seinem Kleinbus, beladen mit allem, was für Unterschriftsstände nötig war, nach Mecklenburg-Vorpommern losfuhr, hatte er die Vorarbeit bereits getan: Standgenehmigungen, Presse, Unterschriftslisten, Flugblätter, Handzettel u.a. … Wir haben durch unsere Teilnahme an den Aktionen auf der Straße u.a. den beharrlichen vollen Einsatz von Karl-Heinz Requard sehr schätzen gelernt.“ – „Ich selber habe mit ihm, so gut ich konnte, bei der Unterschriftensammlung zum Volksbegehren in Schleswig-Holstein zusammengearbeitet und konnte dabei seinen unermüdlichen Einsatz für die Sache einer unversehrten Sprache beobachten. Weder von Mißerfolgen noch Rückschlägen, geschweige denn von schlechtem Wetter ließ er sich entmutigen und wurde so auch zum Ansporn für andere. … Sein Dithmarscher Dickkopf läßt ihn nicht so schnell aufgeben.“ – „Er versteht es bei Vorträgen besonders, die Zuhörer mit den ‘Lachnummern’ des Neuschriebs auch einmal lachen zu lassen.“ – „Nach der Umstellung der F.A.Z. auf die alte Rechtschreibung freute er sich: ‘Das empfinde ich als Genugtuung für uns!’ Damit deutete er wohl auch die nie ganz verstummenden Zweifel an; ob denn dieses Gegenangehen gegen scheinbar vernünftige Beschlüsse der Entscheidungsträger nicht doch sture Uneinsichtigkeit, Michael-Kohlhaas-Verhalten sei, eine Verkennung der ‘Realität’ und damit sinnlos? … Heute gilt anscheinend das Einstehen aus persönlicher Überzeugung für das, was man für recht und notwendig hält, als lebensfernes Spinnertum, Rückständigkeit gegenüber aller – scheinbar – gewichtigen und allgemein anerkannten Einsicht, als Nörgelei und Quertreiberei. … Gegen Fehlentwicklungen muß aber immer wieder angegangen werden. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, daß unbeirrter Einsatz letztlich Unbedingtheit voraussetzt, damit er Wirkung erzeugt im Denken und Handeln eines maßgeblichen Anteils des Volkes. Nur dann ‘ändert’ sich etwas, nur dann hat es Dauer. Das gilt auch für unsere Sprache und Schrift.“

Wortschatzwahrer Peter Vogelgesang

Peter Vogelgesang ist der Wortschatzwahrer des Jahres. „Ich will einfach kein Kauderwelsch schreiben“ meint der 54jährige Diplomingenieur. Für seinen Arbeitgeber, die „Deutsche Lufthansa AG“, war das zuviel. Als Vogelgesang in Arbeitsberichten englische Wörter wie „door“ oder „wings“ mit Tür und Tragfläche übersetzte, drohte die Lufthansa ihrem Ingenieur mit der Kündigung und sprach von „Manipulationen in einem sensiblen Sicherheitsbereich“. Die Weihnachtsdekoration in Flugzeugen hatte er beispielsweise nicht wie gewünscht als „Christmas Decoration“ bezeichnet. Vogelgesang: „Lufthansa hätte wohl gerne, daß ich meinen ‘time frame’ im Auge behalte, um die ‘alert line’ nicht zu ‘overshooten’. Das klingt doch viel merkwürdiger, als wenn ich meinen ‘Zeitplan im Auge behalten’ müßte, ‘um die letzte Frist nicht zu überziehen’.“ Gegen die arbeitsrechtlich relevanten Abmahnungen durch seinen Arbeitgeber setzte er sich gerichtlich zur Wehr, unterstützt vom einstigen „Verein zur Wahrung der deutschen Sprache“ und vom Betriebsrat. Das Arbeitsgericht wies jedoch in erster Instanz die Klage Vogelgesangs ab. Am 8. Juni 2000 fand dann die Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main statt (die DEUTSCHE SPRACHWELT berichtete). Allerdings wurde auch die Berufung abgewiesen. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT haben Peter Vogelgesang zum Sprachwahrer gewählt, weil er für die deutsche Sprache vor Gericht gegangen ist. Eine Leserin aus Hamburg schrieb: „‘Deutsche’ Richter weisen die Klage eines Ingenieurs zurück, weil er bei der Lufthansa ‘Tragflächen’ sagen will, ihm andernfalls die Kündigung droht. Nein, er muß die englische Bezeichnung gebrauchen! Man stelle sich das in England mit umgekehrten Vorzeichen vor!“

Sprachstilwahrer Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) ist der Sprachstilwahrer des Jahres. Sie war auch ein Anwärter für die beiden anderen Auszeichnungen. „Anglizismen müssen Sie dort mit der Lupe suchen“ hieß es in einer Einsendung. Aber auch die Rückkehr zur hergebrachten Rechtschreibung fand bei zahlreichen Lesern Beifall: „Sie brachte den Mut auf, jene unsinnige, volksfremde Rechtschreibreform dorthin zu werfen, wohinF.A.Z. diese gehört – in den Mülleimer der Geschichte.“ Ausschlaggebend war jedoch der saubere Sprachstil, der in der F.A.Z. zu finden ist. So stellte ein Leser fest: „Die F.A.Z. pflegt meines Erachtens von allen überregionalen deutschen Zeitungen den besten deutschen Sprachstil.“ Besonders die sprachkritischen Beiträge Klaus Natorps sind positiv aufgefallen. Für den guten Stil stehen aber auch die Redakteure Kurt Reumann und Thomas Steinfeld und – nicht zuletzt – der Essayist Karl Markus Michel, der in der Spalte „Über Sprache“ auf der Feuilleton-Seite „Stil“ bis zu seinem Tod im November vergangenen Jahres meisterhafte Sprachkritik betrieb.

Weitere verdiente Sprachwahrer

Wortschatzwahrer: Professor Walter Krämer. Vorsitzender des „Vereins Deutsche Sprache“. Er verfaßte das Buch „Modern Talking auf deutsch“ – Udo Lindenberg. „Er hat in der heute sehr stark auf das Englische ausgerichteten Musikszene stets zur deutschen Sprache gehalten und sich zu ihr bekannt. Er ist dabei niemals der Deutschtümelei verdächtig gewesen und dabei textlich nicht auf das Niveau alberner Schlager gesunken, sondern hat im Gegenteil die deutsche Sprache um einige freche neue Wortschöpfungen bereichert.“

Rechtschreibwahrer: Professor Theodor Ickler. „Ohne ihn wäre viel von dem Unsinn der Rechtschreibreform und dem Intrigenspiel zwischen Reformern, Politikern und dem Kommerz im dunkeln geblieben.“; „Mit seinem mutigen Rechtschreibwörterbuch hat er die gesamte sogenannte Rechtschreibreform aus den Angeln gehoben.“ – Manfred Riebe. „Ich finde es toll, wie er seine Arbeit als erster Vorsitzender (Verein für deutsche Rechtschreibung) macht und welche gute Ideen er einbringt für den Kampf für die bewährte Rechtschreibung.“; „Hervorzuheben ist sein Mut, bei den Großen (Kultusministern, Bertelsmann usw.) anzuecken.“ – Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Der ‘Sprachwahrer des Jahres’ ist für mich die F.A.Z., die mit der Rückkehr zu unverhunzter Rechtschreibung sich für Vernunft und Kultur entschieden und dazuhin noch Beispielwirkung erzeugt hat!“

Sprachstilwahrer: Harald Schmidt. „Sprachwahrer des Jahres ist für mich Harald Schmidt wegen Klassikerlesung, klarer Aussprache und sachgerechter Nutzung des Genitivs.“ – Malte Jürgens. Redakteur bei ‘Auto, Motor und Sport’. „Weil er mit wenig Kauder-Englisch auskommt und dafür einen klaren, frechen und kreativen Sprachstil hat.“