Sebastian Zidek, Andrew Onuegbu und Sarah Connor

Ein mutiger Student, ein Mohr und die Muttersprache

Ein Student, ein Wirt und eine Sängerin erhielten die meisten Stimmen bei der Wahl der Sprachwahrer des Jahres 2015. Obwohl er nicht zu den Prominenten gehört, konnte sich Sebastian Zidek aus Berlin mit rund einem Viertel der Stimmen durchsetzen (25,9 Prozent). Dahinter folgen der Nigerianer Andrew Onuegbu auf Platz 2 (18,5 Prozent) und die Sängerin Sarah Connor auf Platz 3 (17,3 Prozent). Die auf Englisch als Amtssprache verzichtende Augsburger Stadtverwaltung erreichte 13,2 Prozent der Stimmen (Platz 4), das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung in Sachsen-Anhalt (Lisa) mit ihrem Deutschförderprogramm 8,5 Prozent (Platz 5) und der Journalist und Sprachverteidiger Gunnar Schupelius 7,8 Prozent (Platz 6).

Platz 1: Sebastian Zidek

Sebastian Zidek studiert an der Technischen Universität in Berlin Verkehrswesen. Er wehrte sich erfolgreich gegen die Drohung einer Dozentin, schlechtere Noten zu bekommen, wenn er keine „gendersensible Sprache“ verwende, also zum Beispiel Binnen-Is, Gender-Sterne oder Unterstriche (StudentInnen, Student*innen, Student_innen). Die Lehrerin hatte Richtlinien ausgegeben, in denen es unter Berufung auf „Gender Mainstreaming“ und das Bundesfamilienministerium heißt: „Auch die korrekte Verwendung von männlichen und weiblichen Ausdrucksformen und somit einer gendersensiblen Sprache wird in einer wissenschaftlichen Arbeit erwartet.“ Zidek fragte sie, ob er diese Richtlinien denn wirklich beachten müsse. Sie antwortete: „Bei der gendersensiblen Sprache handelt es sich nicht um eine Empfehlung, sondern um Vorgaben seitens der TU Berlin. Diese … müssen … angemessen berücksichtigt werden, da es sonst zu Punktabzug kommt.“ Weiter drohte sie: „Du kannst das Ganze natürlich ignorieren, wenn der eine Punkt am Ende aber über den Sprung zur 1.7 entscheidet, wirst du dich ärgern, denn da hilft dann auch alles Diskutieren nichts.“ Der Student wollte das nicht auf sich beruhen lassen und wandte sich an die Rechtsabteilung der Universität. Diese stellte unmißverständlich klar: „Es gibt keine Vorgabe der TU-Berlin, nach der ‚gendergerechte Sprache‘ verwendet werden muß … Das von Ihnen angesprochene Vorgehen, wegen fehlenden Genderns Punkteabzug zu erteilen, ist … unüblich … Mit den Modulverantwortlichen wird diesbezüglich eine Rücksprache unter entsprechenden Hinweisen erfolgen.“ Daß sich ein Student wie Zidek wehrt, ist ungewöhnlich. Unzählige Gleichstellungsbeauftragte und Genderprofessorinnen an deutschen Universitäten drohen mit der Sexismuskeule, schüchtern Studenten ein, verteilen Listen mit Sprachvorschriften. Das Magazin „Telepolis“ schrieb Ende Juni 2015: „Lehrkräfte, die bei Nichtgendern mit Punktabzug drohen, gibt es nicht nur an der TU Berlin, sondern auch an der Berliner Humboldt-Universität, am Geschwister-Scholl-Institut der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, an der Universität Hamburg, der Universität Salzburg, der Fachhochschule St. Pölten und der Fachhochschule des Berufsförderungsinstituts Wien.“ Die Genderkritikerin Birgit Kelle („Gender-Gaga – Wie eine absurde Ideologie unseren Alltag erobern will“) berichtet von einem Medizinstudenten. Dieser habe ihr geschrieben, er sei verpflichtet worden, eine Arbeit über Prostatakrebs in gendersensibler Sprache zu verfassen, obwohl Frauen gar keine Prostata besitzen. Zidek hat mit Hilfe der Rechtsabteilung der Universität belegt, daß es keine Rechtsgrundlage dafür gibt, Studenten zum Verhunzen der Sprache zu zwingen. Darauf können sich nun Studenten berufen, die noch in der Lage sind, selbst zu denken, und sich dem ideologiegesteuerten und wissenschaftsfremden Uniformitätszwang widersetzen wollen.

Platz 2: Andrew Onuegbu

„Der Mohrenkopf wies im Mittelalter diejenigen Häuser aus, die als Fürstenherberge dienten. Außerdem galt er als besonderes Zeichen für eine hervorragende Küche und eine zuvorkommende Bewirtung. Wir möchten an diese alte Tradition anknüpfen und Ihnen, sehr geehrte Gäste, einige Gaumenfreuden bereiten.“ Allein die Tatsache ist bereits ungewöhnlich, daß jemand hergebrachte Bezeichnungen wie „Mohrenkopf“ oder „Zigeunerschnitzel“ bejaht und freudig verwendet, obwohl sie politisch-korrekten Sprachpolizisten gezielt in Verruf gebracht werden. Doch das Pikante am Kieler Gasthaus „Zum Mohrenkopf“ ist, daß sich hier jemand bewußt der Sprachpolizei widersetzt, der doch vorgeblich durch die Sprachverbote geschützt werden soll. Wirt und Koch Andrew Onuegbu hat gerade deswegen sein Lokal so genannt, weil er selbst schwarz ist. Dem Nigerianer hat diese Entscheidung nicht geschadet, ganz im Gegenteil. Der Laden läuft gut: Auch Prominente wie die Schauspielerin Katy Karrenbauer und die Kabarettisten Olli „Ditsche“ Dittrich und Otto Waalkes waren bereits zu Gast. Onuegbu sucht wegen des Erfolgs sogar nach Personal und bildet auch selbst aus. Der unverkrampfte Umgang mit der Sprache wirkt sich auch positiv aufs Betriebsklima aus. Ein Lehrling erzählt: „Wenn beim Chef einmal etwas schiefgeht, was selten vorkommt, dann sage ich: ‚Das ist ja wirklich zum Schwarzärgern.‘“ Onuegbu entgegnet gelassen: „Das kann dir auch passieren, du Bleichgesicht.“ Der Nigerianer sieht sich als „Schleswig-Holsteiner, der den Sprung geschafft hat.“ Er ist sich sicher: „Das A und O für eine gute Integration ist, daß man Sprachkenntnisse besitzt.“ Mit seiner Wortwahl trägt Onuegbu dazu bei, daß bestimmte Wörter nicht verschwinden. Er findet es schade, daß man nicht mehr „Negerkuß“ sagen darf. Das Wort „Mohr“ hält er für unbedenklich: „Ich bin Mohr. Ich stehe zu meiner schwarzen Hautfarbe. Rassismus verbirgt sich nicht hinter einem Namen oder einem Logo.“ Onuegbu bietet gute Deutsche Küche an. Wer sich etwa den „Mohrenkopf-Topf“ mit drei kleinen Steaks von Schwein, Pute und Rind mit Bratkartoffeln schmecken lassen will, der ist beim Mohren von Kiel genau richtig. Die Generaldirektoren von Sarotti, die den berühmten Sarotti-Mohr aus politischer Korrektheit zum „Magier“ degradiert haben, müßten vor Scham im Boden versinken. www.zum-mohrenkopf.de

Platz 3: Sarah Connor

Deutsche Musik brummt – nicht akustisch, sondern wirtschaftlich. Deutsche Musikalben erobern die vordersten Plätze in den Ranglisten, obwohl die meisten Hörfunksender Musik mit deutschen Texten boykottieren. Es scheint eine inoffizielle 90-Prozent-Quote für englischsprachige Lieder zu geben. Sarah Connor lag goldrichtig, sich in ihrem 2015 veröffentlichten Album erstmals mit deutschen Liedern an ihre Zuhörer zu wenden: „Ich brauchte mehr Tiefe. Mir wurde klar: Ich muß in meiner Muttersprache singen. Und mehr als das: Ich wollte, daß die echte und aufrichtig ehrliche Emotionalität meiner Stimme eingefangen wird, daß sie auch auf deutsch endlich mal richtig zur Geltung kommt.“ Der Titel des Albums, „Muttersprache“, setzt gewissermaßen die Überschrift für eine neue Entwicklung. Während die Öffentlich-Rechtlichen das Zwangsgeld für englischsprachige Musik ausgeben, geht das freiwillig gezahlte Geld der Deutschen vor allem an Künstler, die auf deutsch singen. Der Geschäftsführer des Bundesverbandes Musikindustrie, Florian Drücke, erklärt: „Wir beobachten diesen erfreulichen Trend inzwischen seit mehreren Jahren.“ Einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Entwicklung hat Xavier Naidoo. Er leitet die erfolgreiche Fernsehsendung „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“, welche der – private – Fernsehsender VOX seit April 2014 ausstrahlt. Das Konzept der Sendung sieht vor, daß in jeder Folge alle Sänger nur die Lieder eines der beteiligten Musiker singen. So begab es sich in der ersten Staffel, daß Sarah Connor erstmals auf deutsch sang – und von der Wirkung überwältigt sich entschloß, fortan in ihrer Muttersprache zu singen – mit Erfolg. Ihr Album „Muttersprache“ stieg nicht nur auf Platz 1 der meistverkauften Musikalben, auch ihre Auftritte bei der gleichnamigen Gastspielreise sind ausverkauft. Connor: „Ich habe gemerkt, wie schön sich das anfühlen kann, wenn du in deiner Sprache Dinge sagst, die du auch deiner besten Freundin, deiner Schwester sagen würdest.“ Bleibt die Frage, warum die öffentlich-rechtlichen Sender diese Entwicklung ignorieren und lieber auf englischsprachige Konserven setzen. (dsw)

Vorgeschlagen waren:

Christoph Kähler: Der Altbischof und Vorsitzende des Lenkungsausschusses für die Revision der Lutherbibel 2017 sorgte dafür, daß die Lutherbibel genauer und verständlicher wird und sich zudem wieder stärker an der Sprache Martin Luthers ausrichtet.

Sarah Connor: Die Sängerin sang in ihrem erfolgreichen Album „Muttersprache“ erstmals auf deutsch. Connor: „Ich brauchte mehr Tiefe … Mir wurde klar: Ich muß in meiner Muttersprache singen.“

Andrew Onuegbu: Der gebürtige Nigerianer nennt sein Gasthaus in Kiel „Zum Mohrenkopf“, weil er selbst schwarz ist. Damit widersetzt er sich bewußt der politischen Sprachpolizei. Sein Ansatz lautet: „Ich bin Mohr … Der Mohr stand im Mittelalter als Auszeichnung für gute Küche!“

Sebastian Zidek: Der Student an der Technischen Universität in Berlin wehrte sich erfolgreich gegen die Drohung einer Dozentin, schlechtere Noten zu bekommen, wenn er keine „gendersensible Sprache“ verwendet.

Augsburger Stadtverwaltung: Bei einer Befragung lehnten 38 von 43 Dienststellen den Antrag der FDP ab, Englisch als weitere Verkehrssprache einzuführen. Deutsch als Amtssprache reiche völlig aus.

Gunnar Schupelius: Der Berliner Journalist schreibt nicht nur sehr verständlich und deutlich, sondern bricht in seiner B.Z.-Kolumne auch immer wieder eine Lanze für die deutsche Sprache und wendet sich gegen ihre Verwahrlosung.

Erika-Fuchs-Haus: Das Museum für Comic und Sprachkunst, das in Schwarzenbach an der Saale neu eröffnet wurde, genügt modernsten museumspädagogischen Ansprüchen. Die Besucher können in einzigartiger Weise mit Sprache spielen und experimentieren.

Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung in Sachsen-Anhalt (Lisa): Das Institut entwickelte in Zusammenarbeit mit der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft einen „Luther-Koffer“, der Schulklassen für die deutsche Sprache begeistert: etwa mit Übungen zur Wortbildung, zur Schriftpflege, zum Wortschatz und zur Rhetorik.