Akademiepräsidenten, Deutschsprachige Universität Budapest und VDS-Gruppe Stuttgart

Vorbildlicher Einsatz

Daß vorbildlicher Einsatz für die deutsche Sprache gewürdigt werden muß, davon sind die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT überzeugt. Mit ihrer weiterhin steigenden Teilnahme an der alljährlichen Wahl zum „Sprachwahrer des Jahres“ haben sie das erneut bekräftigt. An erster Stelle steht die Regionalgruppe Stuttgart des Vereins Deutsche Sprache (VDS) mit genau 36 Prozent der Stimmen, an zweiter, für viele sicher überraschend, die Deutschsprachige Universität Budapest mit 22,8 Prozent, an dritter die Akademiepräsidenten mit 18,4 Prozent. Die Senioreninitiative Nürnberg (SIN), die es mit ihren Aktionen gegen „Denglisch“ bis in den Bayerischen Landtag geschafft hat, erreichte mit 11,4 Prozent ein gutes Ergebnis. Bemerkenswert ist, daß die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung für ihren Rechtschreibkompromiß nur 4,4 Prozent der Stimmen erhielt und damit deutlich hinter den Akademiepräsidenten liegt, die eine härtere Haltung gegen die Rechtschreibreform zeigen.

Wir unterbreiteten diesmal Vorschläge. Man konnte aber auch jemanden nennen, der nicht auf unserer Liste stand.

Rechtschreibwahrer: Die Präsidenten der deutschen Akademien

Mittlerweile sind es schon zehn Akademien, die dafür eintreten, die Rechtschreibreform rückgängig zu machen. Nachdem die Akademiepräsidenten bereits im vergangenen November mit ihrem Protest auf sich aufmerksam gemacht hatten (vergleiche DSW 14, Seite 10), wandten sie sich Ende Februar erneut mit einem Offenen Brief an die Kultusministerkonferenz. Sie antworteten damit auf den eben im vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung bekanntgewordenen Wunsch, die Hoheit über die deutsche Rechtschreibung der Kommission zu übertragen: „Angesichts der bisherigen Arbeitsweise und der bisherigen Arbeitsergebnisse der Kommission halten wir eine solche Ermächtigung nicht nur für bedenklich, wir halten sie für eine Gefahr für Bestand und Entwicklung der deutschen Schriftsprache.“ Die in der Kommission vertretenen Wissenschaftler hätten ein Werk getan, „das dringend der Überprüfung durch unabhängige sprachwissenschaftliche Instanzen bedarf“. Die Akademien sind bereit, bei der „Neugestaltung der betreffenden Gremien mit dem in ihnen konzentrierten Sachverstand zur Seite zu stehen“. Sie fordern von den Kultusministern: „Nehmen Sie Ihre politische Verantwortung für die deutsche Rechtschreibung wahr!“ Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Präsidenten Adolf Muschg von der Berliner Akademie der Künste, Wieland Schmied von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und Peter Graf Kielmansegg von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

Sprachwahrer im Ausland: Die Deutschsprachige Universität Budapest

Im November 2002 ist in Budapest auf Anregung des früheren ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban die erste deutsche Auslandsuniversität eröffnet worden. Im Gegensatz zur später gegründeten Kairoer „German University“ finden Forschung und Lehre auf deutsch statt. Gelehrt werden mit Magisterabschluß Jura, Mitteleuropastudien, internationale Beziehungen, sowie Volks- und Betriebswirtschaft. Die Andrássy-Universität will zum Beitrittsprozeß des mitteleuropäischen Raumes zur Europäischen Union mit der Ausbildung von Führungskräften für den auswärtigen Dienst beitragen. Das Studium kostet 500 Euro im Semester. Geldlich unterstützt wird die Deutschsprachige Universität Budapest von den Ländern Bayern und Baden-Württemberg, sowie von der deutschen Bundesregierung. Für ein Studium an der Andrássy-Universität muß man nicht Ungarisch beherrschen. Jedes Jahr werden ungefähr 75 neue Studenten aufgenommen. Wie zu vernehmen ist, plant nun Jordanien eine Deutsch-Jordanische Universität. Ob dort Deutsch oder Englisch die vorrangige Wissenschaftssprache sein wird, ist noch nicht bekannt.

Wortschatzwahrer: Die VDS-Regionalgruppe Stuttgart

Die unter der Leitung von Helmut Schumacher stehende Regionalgruppe im Verein Deutsche Sprache (VDS) setzte sich gegen starke Wettbewerber durch. Bundesweites Aufsehen erregten die Sprachpfleger bereits 2002, als sie die „Stuttgarter Zeitung“ davon überzeugen konnten, zum Tag der deutschen Sprache in der Wochenendausgabe auf Engleutsch zu verzichten. Der Redaktion trug das so große Zustimmung bei den Lesern ein, daß seither sowohl die Haupt- als auch die Regionalausgaben sowie das Schwesterblatt „Stuttgarter Nachrichten“ immer wieder Themen zur deutschen Sprache aufgreift. Angeregt durch die ständige Kritik der Region an den Namensgebungen von Veranstaltungen und der Werbung in Stuttgart, rief die Stuttgarter Zeitung im August des vergangenen Jahres ihre Leser dazu auf, eine „persönliche Deutsch-Notliste“ zu erstellen. Aus der Flut der Einsendungen wurde zum Tag der deutschen Sprache 2003 eine ganze Sonderseite über Denglisch, Rechtschreibung und Sprachstil gefüllt. Die Stuttgarter Nachrichten hatten zum selben Anlaß eine Telefonaktion durchgeführt. Eine Auswahl der geäußerten Meinungen wurde in einem ganzseitigen Artikel unter der Überschrift „Sprache ist ein Schatz – man muß ihn erhalten“ abgedruckt. Schumacher und seine Gruppe verleihen jedes Jahr den Stuttgarter Sprachpreis für besonders guten Umgang mit der deutschen Sprache. Das Gegenstück ist der „Stuttgarter Sprachkasper“, der den besonders dümmlichen Umgang mit unserer Muttersprache geißelt. Im Jahr 2002 wurde er der Stuttgarter Messegesellschaft für die Umbenennung der traditionsreichen Ausstellung „Haushalt & Familie“ in „family & home“ zugeeignet. Trotz großartiger Erfolge fiel der Regionalleiter Helmut Schumacher ausgerechnet beim VDS-Gründer Walter Krämer in Ungnade, der die Auslagenerstattung verweigerte. Deswegen kann die erfolgreiche VDS-Region nur eingeschränkt arbeiten, was sicherlich alle Sprachsünder in Stuttgart und Umgebung freut. (Hans-Manfred Niedetzky)

Vorgeschlagen waren:

Die Präsidenten der acht deutschen Kunst- und Wissenschaftsakademien, die im November in einem gemeinsamen Brief an die Kultusminister forderten, die Rechtschreibreform rückgängig zu machen.

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, weil sie im März mit einem Kompromißvorschlag von Peter Eisenberg einen schrittweisen Weg aus dem Rechtschreibchaos vorgeschlagen hat.

Die Senioreninitiative Nürnberg (SIN) um Magda Schleip und Ursula Wolfring. Die Gruppe sammelte in der Region 10.000 Unterschriften gegen „Denglisch“ und gewann dafür die Unterstützung der „Nürnberger Nachrichten“. Eine Eingabe der SIN wurde im Herbst im Kulturausschuß des Bayerischen Landtages behandelt.

Die VDS-Regionalgruppe Stuttgart um Helmut Schumacher, weil sie die „Stuttgarter Nachrichten“ und die „Stuttgarter Zeitung“ dazu brachte, zum „Tag der deutschen Sprache“ in zahlreichen Beiträgen ausführlich über Sprachpflege zu berichten. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Gruppe die „Stuttgarter Zeitung“ überzeugt, für eine Wochenendausgabe vollständig auf Anglizismen zu verzichten. Für jedes Ressort gibt es jetzt einen „Denglisch-Beauftragten“.

Die „Deutschsprachige Universität Budapest“, weil sie – im Gegensatz zur „German University in Cairo“ – als deutsche Auslandsuniversität in deutscher Sprache lehrt und forscht. Sie besteht jetzt bereits ein Jahr.

Der Schriftsteller Friedrich Dieckmann, weil er mit seinem Buch „Was ist deutsch? Eine Nationalerkundung“ in geschliffener Sprache für ein größeres Sprachbewußtsein eintritt.