Radiomacherin Sybille Moldzio aus Namibia ist „Auslandsdeutsche des Jahres“

Fünf deutschstämmige Frauen aus Chile, Rumänien, Brasilien, Namibia und den USA standen im Finale des Wettbewerbs „Auslandsdeutsche des Jahres“. Nun steht die Gewinnerin fest: die 37jährige Sybille Moldzio aus dem sehr deutsch geprägten Namibia im Südwesten Afrikas. Sie erhielt 23 Prozent der weltweit abgegebenen Stimmen.

Von Ende Juli bis Ende Oktober konnten Deutschsprachige in aller Welt darüber abstimmen, wer „Auslandsdeutsche des Jahres“ werden soll. Der Wettbewerb, der der bedeutendste von und für Auslandsdeutsche weltweit ist, fand bereits zum dritten Mal statt. Ausschlaggebend bei der Wahl, die von der Internationalen Medienhilfe (IMH) organisiert wird, war erneut vor allem der Einsatz der Teilnehmerinnen für die eigene Kultur.

Siegerin Sybille Moldzio ist Moderatorin und Mitbetreiberin des privaten deutschsprachigen Senders „Hitradio Namibia“ in der Hauptstadt Windhuk, in der sie auch geboren wurde. Ihre Eltern sind beide deutschstämmig. Die Vorfahren ihres Vaters kamen bereits in der deutschen Kaiserzeit ins Land. Sie besuchte eine deutsche Schule, und die Familiensprache war immer Deutsch. Mit ihren Sendungen und ihrem Sender versucht sie, einerseits die deutsche Sprache und Kultur insgesamt in Namibia zu pflegen und zu erhalten. Andererseits soll das Programm den Tier- und Umweltschutz und die Verständigung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Lande fördern.

Björn Akstinat, Leiter des Netzwerks der deutschsprachigen Auslandsmedien (IMH-Internationale Medienhilfe) und Ideengeber des Wettbewerbs, erklärte: „Eigentlich hätten alle Kandidatinnen den Titel verdient, weil jede eine hervorragende und vorbildliche Arbeit im Ausland leistet. Aber wie bei jeder Wahl hat eine Teilnehmerin etwas mehr Stimmen als die anderen erhalten. Auch dieser dritte Durchlauf des Wettbewerbs war wieder ein voller Erfolg. Die Aktion ist ausdrücklich keine Wahl von Schönheitsköniginnen. Hier sollen speziell die weiblichen Mitglieder der deutschen Gemeinschaften und Minderheiten rund um den Globus für ihre bisherigen Aktivitäten belohnt oder für eine Mithilfe in deutschen Vereinen, Medien und sonstigen Institutionen motiviert werden. In vielen deutschen Institutionen im Ausland sind Frauen noch unterrepräsentiert. Ziel des Wettbewerbs ist außerdem, in Deutschland stärker auf die großen kulturellen Leistungen und Traditionen der Auslandsdeutschen aufmerksam zu machen. Viele Bürger der Bundesrepublik wissen so gut wie nichts von den deutschen Minderheiten weltweit, da diese im Unterricht der Schulen und Hochschulen zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen kaum thematisiert werden.“

Die Namibiadeutsche Sybille Moldzio sei für den Titel „Auslandsdeutsche des Jahres 2021“ besonders geeignet und habe eine positive Vorbildfunktion für die gesamte deutschsprachige Gemeinschaft in Namibia, so Akstinat. „In der einstigen deutschen Kolonie leben heute rund 20.000 Deutsche und Deutschstämmige, die eine wichtige Stütze der namibischen Wirtschaft darstellen und eine beeindruckende Infrastruktur mit eigenen Schulen, Buchhandlungen, Brauereien, Cafés, Ärzten, Karnevalsvereinen, zwei Radioprogrammen und sogar einer Tageszeitung in der eigenen Muttersprache geschaffen haben.“

Porträts der vier weiteren Finalistinnen:

Ashley (Vereinigte Staaten von Amerika)

Sie ist Deutschlehrerin in Pennsylvania. Dorthin sind ihre Vorfahren aus der Pfalz mit vielen anderen im 18. Jahrhundert eingewandert. Heute sind die Deutschamerikaner die größte ethnische Gruppe der USA – noch weit vor den Bevölkerungsteilen mit irischen, mexikanischen oder englischen Wurzeln. Ashley versucht nicht nur das Hochdeutsche in ihrem Bundesstaat lebendig zu halten und weiterzugeben, sondern auch die Regionalsprache Pennsylvania-Deutsch, die von vielen Amischen noch ganz selbstverständlich im Alltag benutzt wird und aus dem Pfälzischen hervorging. Neben ihrer Unterrichtstätigkeit hilft sie in regionalen Kulturvereinen und bei Festen mit – wie zum Beispiel beim Kutztown-Festival, dem ältesten Volksfest der Vereinigten Staaten.

Regina (Brasilien)

Sie ist Brasiliendeutsche aus Blumenau, der Stadt mit dem berühmtesten Oktoberfest Südamerikas. Ihre Vorfahren väterlicherseits und mütterlicherseits sind im vorletzten Jahrhundert aus Deutschland nach Brasilien eingewandert. Bis heute spricht die Familie die Sprache ihrer Ahnen. Deutsch ist die zweithäufigste Muttersprache Brasiliens. Bis zu 5 Millionen Brasilianer sind deutschstämmig und bis zu 1,5 Millionen von ihnen beherrschen oder verstehen noch Hochdeutsch oder einen deutschen Dialekt. Regina ist in einer deutschen Volkstanzgruppe und in einem deutschen Schützenverein – wo sie auch schon Schützenkönigin war – engagiert. Die Bewahrung der Kultur ihrer Vorfahren liegt ihr sehr am Herzen.

Paula (Chile)

Sie organisiert für den Deutsch-Chilenischen Bund (DCB) einen regelmäßigen Schüleraustausch, durch den bis heute mehrere tausend Schüler von 15 deutschsprachigen Schulen aus allen Regionen des südamerikanischen Staates die Möglichkeit erhielten, Deutschland zu bereisen und zu erleben. Im Gegenzug kamen auch schon zahlreiche Schüler aus der Bundesrepublik nach Chile und lernten die dortige deutsche Minderheit und ihre Besonderheiten kennen. Derlei Besonderheiten gibt es viele. Die Deutsch-Chilenen haben in den vergangenen zwei Jahrhunderten nicht nur ein Netz deutscher Schulen aufgebaut. Sie verfügen unter anderem auch über eigene Feuerwehren und Krankenhäuser, eine eigene pädagogische Hochschule und die deutschsprachige Wochenzeitung „Cóndor“. Dadurch konnte die deutsche Kultur recht gut erhalten werden. Obwohl Paulas Vorfahren väterlicherseits bereits vor rund 100 Jahren aus Hamburg nach Chile einwanderten, wurde auch in ihrer Familie die deutsche Sprache immer bewahrt.

Andreea (Siebenbürgen/Rumänien)

Sie ist Deutschlehrerin am rund 650 Jahre alten deutschsprachigen Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt/Sibiu – der ältesten Schule Rumäniens. Hermannstadt wurde um 1150 von Deutschen, den sogenannten Siebenbürger Sachsen, am Rand der Karpaten gegründet, war lange Zeit Hauptstadt eines weitgehend autonomen deutschen Gebietes und liegt heute im Zentrum Rumäniens. Andreea hat väterlicherseits deutsche Vorfahren, deren Geschichte sich in Rumänien mehrere Jahrhunderte zurückverfolgen läßt. Die deutsche Sprache und die evangelische Religion ihrer Ahnen mußten in ihrer Familie immer wieder verteidigt und reaktiviert werden. Deshalb ist deren Bewahrung für sie eine Herzensangelegenheit. Sie schrieb ihre Doktorarbeit über rumäniendeutsche Literatur, verfaßte drei Bücher zur Kultur der Siebenbürger Sachsen und organisiert Führungen für ihre Schüler durch ihre Heimatstadt, in der die deutsche Historie den Schwerpunkt bildet.

Die Internationale Medienhilfe (IMH) ist das Netzwerk der deutschsprachigen Medien im Ausland und der fremdsprachigen Medien im Inland. Außerhalb des deutschen Sprachraums existieren über 2.000 Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernsehprogramme auf deutsch. Sie unterstützen sich gegenseitig und veranstalten gemeinsame Aktionen wie die Wahl zur „Auslandsdeutschen des Jahres“. Beim ersten Wettbewerbsdurchlauf erhielt eine Ungarndeutsche die meisten Stimmen. Beim zweiten Mal gewann eine Rumäniendeutsche den Titel. Unterstützer der besonderen Aktion sind der Verein Deutsche Sprache sowie die Burse Marburg. Frauen, die sich für die nächste Wahl bewerben möchten, können unter der Adresse berlin@medienhilfe.org schon jetzt unverbindlich die Bewerbungsunterlagen anfordern.

 

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