„Schwarzfahren“ wird abgeschafft: nicht das Vergehen, sondern das Wort. In München, Nürnberg, Hamburg, Wien, Zürich, Berlin und vielen anderen Städten haben die Verkehrsbetriebe kürzlich erklärt, auf diesen Ausdruck verzichten zu wollen. Damit erfüllt sich die Forderung des Münchner Linken-Stadtrats Orhan Akman aus dem Jahr 2012, das Wort „durch einen anderen Begriff, der nicht-rassistisch ist“, zu ersetzen. Was damals allenthalben für Gelächter sorgte, wird nun umgesetzt. Dabei hat der Ausdruck weder in seinem Ursprung noch in seiner heutigen Bedeutung etwas mit dunkelhäutigen Menschen zu tun.
Woher kommt das Wort „Schwarzfahren“? Die BILD-Zeitung schrieb am 8. Juli: „Der Sprachwissenschaftler Eric Fuß sagte der Münchner Abendzeitung, dass der Ausdruck von dem jiddischen Wort ‚shvarts‘ (Armut) komme. Es bezeichnet also Menschen, die zu arm sind, um sich ein Ticket zu kaufen.“ Diese Erklärung findet sich so oder so ähnlich in vielen anderen Medien wieder.
Legendenbildung wie durch Stille Post
Doch des Jiddischen Kundige zweifelten sofort an dieser Erklärung. Auf jiddisch bedeute „shvarts“ auch nichts anderes als auf deutsch, nämlich „schwarz“. Wie kommt dann der Germanist Fuß zu seiner Behauptung? Oder hat er das gar nicht so gesagt? Wir begeben uns auf Spurensuche. Vor mehr als neun Jahren, am 10. Februar 2012, ging die Münchner Abendzeitung bereits der Frage nach, ob „Schwarzfahren“ rassistisch sei, und befragte dabei Fuß: „Eric Fuß von der Universität Leipzig erklärt, dass der Begriff nach weit verbreiteter Auffassung auf den jiddischen Ausdruck ‚shvarts‘ für ‚Armut‘ zurückgeht. ‚Schwarzfahrer sind demnach diejenigen, die sich kein Ticket leisten können.‘“
Wir halten fest: Der Germanist Fuß behauptet es nicht, sondern gibt lediglich die seiner Ansicht nach „weit verbreitete Auffassung“ wieder, „Schwarzfahren“ stamme aus dem Jiddischen. Die anderen Medien in den Jahren danach haben diese Erklärung abgeschrieben. Mit der Zeit wurde jedoch wie in einer Art „Stiller Post“ auf diese Weise aus der Hypothese eine vermeintliche Tatsache.
Schwarzarbeit, Schwarzmarkt und Schwarzfahren
Diese Legendenbildung bestätigt Eric Fuß selbst, der selbst darüber offensichtlich wenig glücklich ist. Auf Rückfrage der DEUTSCHEN SPRACHWELT antwortet Fuß, der heute am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum arbeitet: „Die Vermutung, dass ‚schwarzfahren‘ etwas mit dem Jiddischen zu tun hat, geistert schon seit vielen Jahren durch die Literatur und das Internet. Leider wird mir das auch immer wieder in den Mund gelegt, weil ich einmal vor 15 Jahren in einem Zeitungsinterview erwähnt habe, dass es auch diese Theorie zur Herkunft von ‚schwarzfahren‘ gibt.“ Der Zusammenhang mit „arm“ scheine ihm „doch sehr weit hergeholt.“
Der Ursprung des Wortes, also dessen Etymologie, ist laut Fuß nicht völlig klar. In der Sprachwissenschaft vermute man meist eine Herkunft aus der deutschen Gaunersprache, auch Rotwelsch genannt. Dort gebe es auch den Ausdruck „schwärzen“ für „schmuggeln“, weil sich viele Schmuggler das Gesicht geschwärzt haben oder ihrer Tätigkeit im dunklen, verborgenen nachgegangen sind. „Schwarzfahren“ ist also verwandt mit „Schwarzarbeit“, „Schwarzmarkt“, „Schwarzbrenner“ und so weiter – allesamt Wörter, denen (noch) kein Rassismus untergeschoben wird.
Warum „schwarz“ auch „ungesetzlich“ heißt
Das Rotwelsche hat zwar auch Bestandteile, die aus dem Jiddischen stammen – zum Beispiel „ausbaldowern“, „Ganove“, „Schmiere stehen“ – aber auch aus der Zigeunersprache, beispielsweise das Wort „Kohldampf“. Im Etymologischen Wörterbuch des Deutschen heißt es unter diesem Stichwort: „Vielleicht zusammengesetzt aus rotw. Kohler ‚Hunger‘ (dem wahrscheinlich zigeuner. kālo ‚schwarz, arm, ohne Geld‘, daher ‚hungrig‘, zugrunde liegt) und nhd. Dampf, im Rotw. ‚Hunger‘. Es würde sich dann um ein tautologisches Kompositum zur Intensivierung der Aussage handeln.“ Diese Definition bewegt sich freilich sehr im Ungewissen.
Die Aussage „‚shvarts‘ heißt ‚Armut‘ und kommt aus dem Jiddischen“ ist aber offensichtlich falsch. Wir können indes festhalten: In der Zigeunersprache heißt „kālo“ so viel wie „schwarz, arm, ohne Geld“. Möglicherweise leitet sich das rotwelsche Wort „Kohldampf“ (Hunger) davon ab. Im Rotwelschen bedeutet „schwärzen“ schmuggeln, also heimlich etwas Ungesetzliches tun. Aus der Gaunersprache kam der Ausdruck „schwarz“ für „ungesetzlich“ in die Standardsprache. „Schwarzfahren“ bedeutet also ungesetzlich, illegal fahren. Weder das Jiddische noch eine Hautfarbe spielen bei Herkunft und Bedeutung des Wortes eine Rolle.
’schwarz‘ figurativ als „dunkel“ gedeutet wurde, koenne als der beginnende, semantische Hintergrund fuer die Anwendungen von ‚Schwarzgeld, Schwarzhandel, Schwarzarbeit“ usw. liefern. Daher gar nicht rassisch.
Duden:
„Zigeuner, der
Gebrauch : diskriminierend“ !!!!
@Verena: Informieren Sie sich besser: Die Sinti Allianz Deutschland vertritt diejenigen Sinti, die seit Jahrhunderten mit uns im Rheinland wohnen, und identifiziert sich mit dem Begriff Zigeuner, ihr Youtube-Kanal heißt sogar ZigeunerwagenTV. „Sinti und Roma“ zu sagen, zählt nur 2 Volksgruppen auf und diskriminiert daher Jenische, Lovara, Kalé etc. Die Tabuisierungen sind allesamt Unsinn. Wer aber lange genug „Diskriminierung“ brüllt, sobald er getriggert wird, macht die Personenbezeichnungen zu Schimpfwörtern.
Verena hat das Z-Wort benutzt.
Ich fühle mich von Verena verletzt.
„Schwarz fahren“ wird in dem biografischen Roman von Irving Stone, in der deutschen Übersetzung von 1950 benutzt, (Seite 402), für das kostenfreie Mitfahren in der mit Kohle befeuerten Dampflok. Die Farbe der Kleidung der Heizer und Lokführer war schwarz, weil sie ständig im Russ und Rauch standen. Sie verdienten wenig Geld und brauchten auf diese Weise keine Fahrkarte zu kaufen.