Schuldig: zu viele T-Wörter!

Bild: Mohamed Hassan auf Pixabay

Ein scheinbar völlig unwahrscheinliches Sprachgerichtsverfahren

Von Karin Burkert

Gerichtssaal in einer nicht allzu fernen Zukunft. Anwesende: ein Richter, der Angeklagte Schmitz aus Köln, ein Angehöriger der Sprachpolizei als Zeuge. Richter: „Herr Zeuge, berichteten Sie über die Ereignisse vom 11. November dieses Jahres.“

Zeuge: „Ich beobachtete den Angeklagten, wie er sich mit seinem Sohn in einem Restaurant ein Z-Wort-Schnitzel mit viel Z-Wort-Soße bestellte. (Das Z-Wort-Schnitzel bezeichnet ein Schnitzel in einer Z-Wort-Soße, die aus in Streifen geschnittener Paprika, Zwiebeln, Tomaten oder ähnlichem besteht.) Während des Essens unterhielten sich Vater und Sohn über das Karnevalskostüm des Sohnes und benutzten mehrfach das I-Wort. (Das I-Wort bezeichnet die Ureinwohner Amerikas, so benannt aufgrund des Mißverständnisses von Kolumbus, der glaubte, in Indien gelandet zu sein.) Als ich den Angeklagten auf seine strafbaren Sprachverstöße aufmerksam machte, stigmatisierte er mich mit dem AL-Wort, dem VI-Wort und beschrieb meinen Berufsstand mit den M-Wort. (Das AL-Wort bezeichnet einen Leuchter mit mehreren Armen, das VI-Wort einen Menschen, der ein vollkommener Trottel ist, und das M-Wort einen erpresserischen sizilianischen Geheimbund.)“

Richter: „Im Namen des Volkes ergeht wegen des Gebrauchs von sechs T-Wörtern folgendes Urteil: Der Angeklagte wird zu einer Geldstrafe von … verurteilt. (Das T-Wort bezeichnet ein ungeschriebenes Gesetz, das aufgrund bestimmter Anschauungen innerhalb einer Gesellschaft verbietet, bestimmte Dinge zu tun.)“

Angeklagter: „Herr Richter, Sie sind auch ein A-Wort.“

Erschienen in: Deutsche Sprachwelt 84, Sommer 2021

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