Der WDR stiftet Kinder zu Haßgesängen an – Spruchreif Nr. 6

Das Sprachklima verschlechtert sich. Aktivisten, die von ihrer Sache überzeugt sind, schrecken immer seltener vor Kraftausdrücken und Beleidigungen zurück. Daß nun ein öffentlich-rechtlicher Sender in dieselbe Kerbe schlägt und dafür sogar Kinder benutzt, markiert einen weiteren Tiefpunkt im öffentlichen Sprachgebrauch.

„Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad. Das sind tausend Liter Super jeden Monat. Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau.“ Das mußten Kinder im Westdeutschen Rundfunk (WDR) singen. Der WDR hatte seinen Dortmunder Kinderchor zu dieser vermeintlichen „Satire“ angestiftet und einen Film davon im Netz verbreitet. „In Zeiten des Klimawandels müssen auch Klassiker wie ‚Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad‘ ganz neu getextet werden (Achtung, Satire)“, begründete der Sender die beleidigende Wortwahl. Aus dem wertschätzenden „Meine Oma ist ’ne ganz patente Frau wurde so das haßerfüllte „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau“. Am Ende jeder Strophe wurde diese Beleidigung wiederholt.

Wenn Menschen zu Tieren erklärt werden

Damit führte der WDR den Feldzug von „Fridays for Future“ gegen die ältere Generation fort. Diese Gruppe hatte kurz vor Weihnachten über Twitter den menschenverachtenden Kommentar in die Welt gesetzt: „Warum reden uns die Großeltern eigentlich immer noch jedes Jahr rein? Die sind doch eh bald nicht mehr dabei.“

Wer Menschen zu Tieren erklärt, fördert das Denken, daß diese Menschen weniger wert sind. Über den Tod einer „alten Umweltsau“ trauert man weniger als über den Verlust einer „patenten Frau“. Ins Unerträgliche gesteigert wird die Beleidigung noch mit einer abschließenden unverhohlenen Drohung. Am Ende des „Klima-Liedes“ schauen die Kinder böse wie Greta Thunberg in die Kamera und drohen mit deren Worten: „We will not let you get away with this“ – „Wir lassen euch damit nicht davonkommen.“

„Judensau“ und „Umweltsau“

Das Schmähwort „Judensau“ war sicher nicht das erklärte Vorbild der öffentlich-rechtlichen Volkspädagogen. Das im Mittelalter entstandene Schimpfwort setzten die Nationalsozialisten gezielt ein, um den jüdischen Teil des deutschen Volkes zu verhöhnen und zu verunglimpfen. Doch erinnert die „Umweltsau“ fatal an den nationalsozialistischen Ungeist, als Kinder gegen ihre Eltern und Großeltern aufgehetzt wurden.

Immerhin hat der gerade auch von Omas Gebühren finanzierte Sender nun das Schmählied gelöscht, „da schon die Mutmaßung, WDR 2 hätte die Kinder des Chores instrumentalisiert, für die Redaktion unerträglich ist“, wie es in einer Mitteilung auf Facebook heißt. Für die Verbreitung von Beleidigungen und Haß hat der Sender allerdings noch nicht um Entschuldigung gebeten.

Selbst im Namen einer vermeintlich guten Sache ist es niemals gerechtfertigt, die Würde vieler Menschen anzugreifen. Wir brauchen daher dringend einen Klimawandel – in der Sprache.

Thomas Paulwitz

Nachtrag vom 18.12.2019, 19:00 Uhr:
WDR-Intendant Tom Buhrow hat mittlerweile den Fehler des WDR eingestanden. In einer Sondersendung des WDR 2 sagte er: „Das Video mit dem Oma-Lied war ein Fehler, und ich entschuldige mich ohne Wenn und Aber. Ich rufe aus dem Krankenhaus an und bin bei meinem 92jährigen Vater. Er war in seinem Leben keine Umweltsau.“

1 Kommentar

  1. Nun macht mal Alle halblang.Haßgesänge,Schmählied,so ein dummes Gerede und lasst die Vergleiche zu den Juden etc.Geht doch bitte mal von euerer selbst hochgezogenen Empörung über den verunglückten Text, auf den Inhalt. Wie berechtigt klagen die bisher als unpolitisch bezeichneten jungen Menschen über das Umweltverhalten in der Vergangenheit von uns „ALTEN“!
    Selbstgerechtigkeit ist immer auch gefährlich!

Schreibe einen Kommentar zu Manfred Dietze Antworten abbrechen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*