Welttag der Muttersprache: diskriminierte deutsche Volksgruppe in Polen ist Sprachwahrer des Jahres

Erlangen, 21. Februar 2023 – Die Volksgruppe der Deutschen in der Republik Polen ist „Sprachwahrer des Jahres 2022“. Das hat die DEUTSCHE SPRACHWELT zum heutigen Welttag der Muttersprache bekanntgegeben. Die Leser der Sprachzeitung wählten die Volksgruppe mit 44,6 Prozent der Stimmen mit großem Abstand auf den ersten Platz. Damit würdigen sie den Kampf der vom polnischen Staat diskriminierten deutschen Minderheit für das Recht auf Muttersprache.

2022 hat Polen die Finanzierung des Unterrichts in Deutsch als Minderheitensprache von drei Stunden auf eine Stunde pro Woche gekürzt. Rund 50.000 Schüler in den drei Woiwodschaften Oppeln, Schlesien und Ermland-Masuren sind davon betroffen. Damit wollte der polnische Staat Druck auf Deutschland ausüben, für Einwanderer Polnischunterricht auf muttersprachlichem Niveau zu finanzieren. Das ist gelungen: Der deutsche Bundeshaushalt für 2023 sieht für den Polnischunterricht erstmals Mittel in Millionenhöhe vor. Die Diskriminierung der deutschen Minderheit wurde jedoch immer noch nicht rückgängig gemacht.

Von der deutschen Öffentlichkeit blieben die Kürzung des Deutschunterrichts in der Republik Polen und der Widerstand dagegen weitestgehend unbeachtet. Viele Eltern sind empört: Sie können sich die zusätzlichen Kosten für privaten Deutschunterricht nicht leisten. Auch Nichtregierungsorganisationen wehren sich. Denn der polnische Staat ist dazu verpflichtet, allen Minderheiten denselben Zugang zum Erlernen ihrer Sprache zu ermöglichen.

Auf dem zweiten Platz der „Sprachwahrer des Jahres“ folgt mit 14,7 Prozent der Stimmen Jürgen Plöhn, außerplanmäßiger Politikprofessor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Dieser erwartet von seinen Studenten korrektes Deutsch ohne Gendern. Daraufhin stufte die Universitätsleitung seine Lehrveranstaltungen als nicht mehr prüfungsrelevant ein.

Seit dem Jahr 2000 wählen die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT „Sprachwahrer des Jahres“, um vorbildlichen Einsatz für die deutsche Sprache zu würdigen. Die Auszeichnung erhielten bisher beispielsweise Dieter Hallervorden (2021), Loriot (2011), Papst Benedikt XVI. (2005) und Reiner Kunze (2002).


Die DEUTSCHE SPRACHWELT ist mit rund 80.000 Lesern die größte deutsche Zeitschrift für Sprachpflege und Sprachpolitik. Sie ist Sprachrohr und Plattform einer ständig wachsenden Bürgerbewegung, die sich um die deutsche Sprache sorgt. Die DEUTSCHE SPRACHWELT tritt für die Erhaltung einer lebendigen deutschen Sprache und für ein neues Sprachbewußtsein ein. Die Druckausgabe erscheint vierteljährlich.

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1 Kommentar

  1. Ich habe den Eindruck, dass Ihnen die Problematik der Diskriminierung wegen der Muttersprache (hier: Polnisch in Deutschland) noch gar nicht vollumfänglich bewusst ist. Dieses bedauerliche Phänomen grassiert seit Jahren und beschäftigt nicht nur polnische Medien und Behörden, sondern auch schon das Europaparlament.
    Ich erlaube mir, diesen Missstand auch in Deutschland anzuprangern, in der Hoffnung Ihre Bereitschaft zu wecken, sich dafür einzusetzen, deutsche Familiengerichte und Jugendämter, Gerichtsgutachter, Kindergärten und Schulen dafür zu sensibilisieren, dass gerade für Kinder und Heranwachsende die (natürliche) Mehrsprachigkeit nur von Vorteil sein kann und unter allen Umständen gefördert werden sollte.

    1) EU-Parlament und Diskriminierung wegen Sprache in Deutschland

    Am 29.11.2018 wurde im EU-Parlament über die „systematische Diskriminierung nichtdeutscher Eltern durch das Jugendamt” debattiert und auf die Verbote der Muttersprache bei den Kinder der nichtdeutscher Eltern in aller Deutlichkeit hingewiesen:

    https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2018-0476_DE.pdf
    4

    „ (…) 12. verurteilt, dass die Tatsache, dass nichtdeutsche Elternteile im Falle des begleiteten Umgangs die offizielle Praxis des Jugendamtes, bei Gesprächen mit ihren Kindern deutsch zu sprechen, nicht eingehalten haben, und dass dies dazu geführt hat, dass die Gespräche unterbrochen wurden und eine Kontaktsperre zwischen den nichtdeutschen Eltern und ihren Kindern verhängt wurde; ist der Auffassung, dass diese Vorgehensweise seitens der Beamten des Jugendamtes eine klare Diskriminierung nichtdeutscher Elternteile aus Gründen der Sprache darstellt;”
    https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20181120IPR19551/rolle-des-deutschen-jugendamts-bei-grenzuberschreitenden-familienstreitigkeiten

    2) Stellungnahme Prof. Dr. G. Schwan zur Frage der Sprachverbote

    Leider meinte Frau Prof. Dr. Gesine Schwan (4.10.2006) – nachdem ich mich an sie in ihrer Funktion als Koordinatorin der Bundesregierung für die grenznahe und zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit mit Polen gewandt hatte, dass Polnisch-Verbote für polnische Kinder im Rahmen des Kindeswohls möglich also rechtens sind:

    https://www.salon24.pl/u/leitkultur/684592,pani-prof-dr-gesine-schwan-wyrok
    „Bei allen Sorgerechtsentscheidungen deutscher Jugendämter oder Familiengerichte, zu denen auch Regelungen des Umgangsrechts gehören, muss nach meiner Kenntnis letztlich das Wohl des Kindes im Mittelpunkt aller Überlegungen und Entscheidungen stehen. Beschränkungen beim Gebrauch der polnischen Sprache in den Umgangszeiten dürfen in extremis deshalb wohl nur ausgesprochen werden, wenn es das Kindeswohl nach Auffassung der Jugendämter oder Gerichte erfordert.“

    Zum Glück würdigte jedoch das Oberlandesgericht Hamburg (Urteil v. 04.07.2011, Az.: 1 U 34/10) das Kindeswohl anders und sah in der Anordnung, dass ein Elternteil nicht in seiner Muttersprache mit seinen Kindern sprechen dürfe, eine Rechtsverletzung.
    http://www.anwalt.de/rechtstipps/der-europaeische-tag-der-sprache-deutschpflicht_024207.html?pid=10503

    Auch die damalige deutsche Justizministerin, Frau Dr. B. Zypries ließ dem gegenüber verlauten:

    http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-650-5639–f65275.html#frage65275
    „Es kann aber auch Einzelfälle geben, in denen eine bilinguale Erziehung nicht dem Kindeswohl entspricht. In einem solchen Fall ist es auf Antrag Aufgabe der Gerichte, darüber zu befinden, wie mit der Erziehung fortgefahren werden soll.“

    3) Politik und Medien

    Das Thema wird in Deutschland – bis auf einige wenige Medien – entweder verschwiegen oder unter dem Mantel Elternkonflikte/ Elternversagen verschleiert.
    4
    Hier muss noch erwähnt werden, dass nicht nur Frau Prof. Dr. Schwan mit dem Problem konfrontiert wurde, aber auch zahlreiche andere deutsche Politiker aller Parteien (u.a. beim Treffen des Weimarer Dreiecks, alle deutsche EU-Politiker, viele Bundestagsabgeordnete, Petitionsausschuss des Landtages NRW, usw.). Nichts ist passiert.

    4) Historischer Hintergrund: Geraubte Kinder in der NS-Zeit

    An dieser Stelle muss noch eine diskriminierte Gruppe der (ehemals) polnischen Bürger erwähnt werden, die nicht mehr Polnisch sprechen können, weil ihnen vor allen ihre polnische Identität geraubt wurde.
    http://geraubte.de

    Laut Gerichtsurteil haben die von der SS entführten (u.a. polnischen) Kinder kein Anrecht auf Entschädigung. Es leben noch einige wenige davon – genauso wie bei der o.g. Problematik wollen deutsche Politiker das Problem nicht lösen.
    https://www.dw.com/de/von-ss-geraubte-kinder-bleiben-ohne-entschädigung/a-44550953#:~:text=Die%20von%20der%20SS%20entführten,deutschen%20Besatzung%20verschleppt%20und%20zwangsgermanisiert.

    5) Keine Lobby – kein Problem?

    Anscheinend fühlt sich niemand in Deutschland für die Lösung dieses Problems zuständig. Politiker wie Martin Schulz oder Rainer Wieland unternahmen ihrerseits alles Erdenkliche, um das Problem (im Europaparlament) aus dem Fokus zu nehmen, so bleibt den betroffenen ausländischen Eltern nur der Gang an die Öffentlichkeit. Hier einige wenige Beispiele:

    Jugendamt: Englisch VERBOTEN!
    https://www.youtube.com/watch?v=JrH7Z7cu8qo
    Eltern beklagen, dass die Mitarbeiter der Jugendämter ihnen verbieten, mit ihren Kindern in der Muttersprache zu sprechen.

    Polnisch verboten!
    https://www.youtube.com/watch?v=kxlL0OIAp-k

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