Wissenschaftler protestieren gegen sprachliche Diskriminierung zugunsten von Englisch

Nur Englisch erwünscht: Der Berliner Verlag de Gruyter schrieb vor kurzem einen Preis über 2.000 Euro für junge Altertumswissenschaftler aus, einzureichen bis 30. April 2021. Der als weltweit „beste wissenschaftliche Monographie“ wählbare Text muß gemäß Ausschreibung auf englisch verfaßt sein und darf keine Übersetzung sein. Weit über einhundert weltweit tätige Geisteswissenschaftler und der Vorstand des deutschen philosophischen Fakultätentages protestieren in einem Offenen Brief gegen diese willkürliche sprachliche Einschränkung potentiell preiswürdiger Texte. Darauf macht der „Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache“ (ADAWIS) aufmerksam.

Dem Verlag de Gruyter sei zwar bestens bekannt, daß es in den Altertumswissenschaften nach wie vor gängige Praxis ist, gleichberechtigt auch auf deutsch, französisch, italienisch, neugriechisch oder spanisch zu diskutieren und zu publizieren. Durch die jetzige Einschränkung auf englisch „privilegiert er aber eindeutig englische Muttersprachler“. Völlig inakzeptabel sei auch die damit verbundene Diskriminierung von „Nachwuchswissenschaftlern in Europa und darüber hinaus“, die eine potentiell „weltweit beste“ Arbeit primär nicht auf englisch verfaßt haben und echte Internationalität auch mit Vielsprachigkeit verbänden.

Die aktuelle Ausschreibung läßt es nicht einmal zu, eine professionelle Übersetzung einzureichen. Dies findet der ADAWIS besonders verwerflich. Junge mehrsprachige, aber nicht anglophone Wissenschaftler seien da-mit von der Teilnahme faktisch ausgeschlossen. Statt dessen trete, so die Unterzeichner, „dieser große wissenschaftliche Verlag die international vielsprachige Verflechtung der Altertumswissenschaften mit Füßen“.

Die Tatsache, daß die fachlich zwar hochrespektable Jury dennoch keinen einzigen englischen Muttersprachler enthält, ist nach Ansicht des ADAWIS nicht nur ein „wissenschaftspolitischer Treppenwitz“, sondern ein handfester Skandal. „Selbst renommierte Verlage scheinen mittlerweile zu glauben, English only verbürge automatisch Qualität“. Die Unterzeichner wissen dagegen: „Gerade viele fremdsprachlich forschende anglophone Kollegen sind da völlig anderer Ansicht“. Die Liste der Unterzeichnerist noch nicht geschlossen, weitere Unterstützer sind willkommen. (adawis)

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