Lübeck führt den Gender-Doppelpunkt ein

Auszug aus dem „Leitfaden für gendersensible Sprache bei der Hansestadt Lübeck“

Für Geschlechtergerechtigkeit benötigt die Stadt Lübeck nur einen Doppelpunkt. Am 2. Dezember 2019 verfügte Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) eine neue Sprachverordnung. Dabei ist der „Gender-Doppelpunkt“ das Herzstück der „Geschäftsanweisung Diskriminierungsfreie Ansprache in Veröffentlichungen und Formularen der Hansestadt Lübeck“. Die Grundsätze binden alle Bereiche, Einrichtungen (Dienststellen) und Eigenbetriebe der Hansestadt Lübeck. Lindenau zeigt sich überzeugt: „Lübeck als tolerante und offene Stadt muß diskriminierungsfrei kommunizieren. Mit dieser Regelung für die Stadtverwaltung wollen wir einen Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit leisten.“

Im „Leitfaden für gendersensible Sprache bei der Hansestadt Lübeck“ erklären Bürgermeister Lindenau und Gleichstellungsbeauftragte Elke Sasse gemeinsam: „Bei der Hansestadt Lübeck wollen wir alle Menschen ansprechen. … Deshalb wird zukünftig in der Verwaltung der Hansestadt Lübeck so formuliert, dass sich alle Geschlechter angesprochen fühlen (z. B. Beschäftigte). Ist so eine umfassende Formulierung nicht möglich, wird der Gender-Doppelpunkt verwendet (z. B. Bewohner:innen).“ Diese Vorgabe gelte für den sämtlichen Schriftverkehr der Verwaltung: Briefe, Nachrichten, Präsentationen, Broschüren, Presseartikel, Drucksachen, Hausmitteilungen, Flugschriften und Formulare.

Der Leitfaden verbietet ausdrücklich eine Generalklausel, daß aus Gründen der Lesbarkeit nur die grammatisch männliche Form verwendet wird. Statt dessen solle „in Schriftstücken grundsätzlich der Gender-Doppelpunkt verwendet oder genderneutral formuliert“ werden. Der Doppelpunkt ziehe nämlich das Wort anders als ein Unterstrich oder ein Sternchen nicht auseinander und beziehe trotzdem alle Personen mit ein. Als Beispiele gibt der Leitfaden „Mitarbeiter:innen“, „Senator:innen“ und „Kolleg:innen“ an.

Statt „Arzt:innen“ oder „Ärzt:innen“ solle die Verwaltung jedoch lieber „Ärztinnen und Ärzte“ schreiben. Auch Artikel werden gedoppelpunktet, etwa: „die:der Partner:in“. Im Genitiv ist die Verdoppelpunktung allerdings in der Regel nicht möglich, auch dann müssen die Lübecker Verwaltungsangestellten doppeln: „der Partnerin und des Partners“.

Für den Fall, daß der Verwaltung nicht bekannt ist, welchem biologischen oder ideologischen Geschlecht ein Bürger angehört, empfiehlt die Sprachverordnung folgendes Anschreiben: „Guten Tag Vorname Name, wie darf ich Sie in Zukunft ansprechen? Bei der Hansestadt Lübeck bemühen wir uns, alle Menschen mit der von Ihnen [sic!] bevorzugten Anrede anzusprechen. Im ersten Kontakt nutzen wir daher zunächst die inklusive Anrede ‚Guten Tag Vorname Name‘. Wir freuen uns, wenn Sie uns mitteilen, wie wir Sie in Zukunft anschreiben dürfen.“

2 Kommentare

  1. Ich frage mich, ob spannend bzw. bezeichnend ist, dass „Zeitungen“ so etwas nicht aufgreifen; würden sie es tun, würden Leser sich von ihnen abwenden (?); … warum? Ich frage mich, ob das „Binnen-I“ oder auch der „Binnen-Doppelpunkt“ einerseits (grob?) sinnstörend sind und andererseits auch ein Zeichen einer (groben?) Geringschätzung des Lesers sind.

  2. Unterstellen wir einmal, daß

    1. die Stadt Lübeck tatsächlich im ersten Anschreiben fragt, wie man zukünftig angesprochen werden möchte und
    2. diese Antwort bei der Stadt in allen Ämtern gespeichert wird,

    dann ist das ein wunderbares Geschäftsfeld für externe IT-Dienstleister. Die Kosten dafür übersteigen die einer KITA um ein Vielfaches.

    Ich würde der Stadt Lübeck antworten:

    In Zukunft möchte ich wie folgt angesprochen werden:

    Geschätzter Teil unseres Souveräns, der Ihr uns bezahlt, damit wir unbehelligt und nach Gutdünken schalten und walten können, nicht nur, wenn es darum geht, Eure Muttersprache zu verhunzen – Euch sei untertänigst mitgeteilt: …

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