Heute ist Aschermittwoch. Die Fastenzeit beginnt: eine gute Gelegenheit, sprachlich abzurüsten; einen Widersacher zwar als Gegner, aber nicht als Feind zu sehen, solange er als Waffen nur Worte verwendet; als einen Menschen wahrzunehmen, der Würde hat, auch wenn man ihn für seine Worte am liebsten auf den Mond schießen würde. Menschenwürde ist jedoch kein Konjunktiv, sondern ein Imperativ.
Fastenzeit: eine gute Gelegenheit, das Schmähwort, das auf der Zunge liegt, lieber herunterzuschlucken; erst einmal durchzuatmen und kurz innezuhalten, bevor man etwas erwidert; erst einmal nicht den gepfefferten Antwortbrief postwendend in die Tasten zu klopfen, sondern die sogenannte preußische Nacht darüber zu schlafen.
Aus Worten werden Taten, aus guten Worten können also gute Taten werden, aus schlechten Worten schlechte Taten. Es ist aber auch in die andere Richtung ansteckend: Aus schlechten Taten können schlechte Worte folgen, aus guten Taten gute Worte: Ob Teufelskreis oder Engelskreis, wir haben es in der Hand und auch im Mund, welche Richtung unsere Gesellschaft nimmt. Auch wenn ein Gericht Beleidigungen nicht unter Strafe stellt, weil es diese von der Meinungsfreiheit gedeckt sieht, bedeutet das für uns nicht, daß wir ebenfalls fleißig beleidigen sollten.
Den Engelskreis zu schließen heißt nicht, Wut in sich hineinzufressen und schlechte Taten schönzureden. Es heißt, schlechte Energie in gute Energie umzumünzen. Die Sprache hilft uns dabei, wenn wir sie achten und wenn wir auf sie achten. Sie hilft uns, schlechte Taten klar zu benennen, ohne selbst mit verletzenden Worten zum Untäter zu werden. Sie hilft uns dabei, aus der Wut eine Zuversicht zu entwickeln, die uns gleichsam mit Engelsflügeln über das Schlechte hinwegträgt.
Freilich: Scheitern ist menschlich, daher wird es uns nicht immer gelingen, gute Worte zu finden. Wer sich aber dessen bewußt ist, wird sich selbst und anderen verzeihen können. Er wird sich selbst und anderen immer wieder eine Chance geben, den Teufelskreis zu durchbrechen, um eine bessere Sprache zu finden.
Thomas Paulwitz
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