Sebastian Kurz, Bundesministerium für Landesverteidigung, Horst Samson
Absolute Mehrheit für Österreich
Sebastian Kurz erhielt die meisten Stimmen bei der Wahl der Sprachwahrer des Jahres 2018. Der Vorsitzende der österreichischen Bundesregierung gewann mit weniger als einem Drittel der Stimmen (29,7 Prozent). Dicht dahinter folgt auf Platz 2 ein weiterer Teil der österreichischen Regierung, nämlich das Bundesministerium für Landesverteidigung (20,3 Prozent). Beide zusammen kommen auf genau 50 Prozent der Stimmen – absolute Mehrheit! Platz 3 erreichte der rumäniendeutsche Dichter Horst Samson (17,6 Prozent). Samsons Gedichte wurden in viele Sprachen übersetzt. Geprägt von politischer Verfolgung tritt er für Redefreiheit ein. Horst Samson wurde 1954 in Weiler/Salcâmi geboren. Seine Eltern, die aus dem Banat stammten, waren dahin verschleppt worden. Sein literarisches Debüt feierte er 1976. 1984 erhielt er Schreibverbot. Der rumänische Geheimdienst Securitate bedrohte ihn mit dem Tod. 1987 floh Samson nach Deutschland. Auf dem 4. Platz folgt das Deutsche orthodoxe Dreifaltigkeitskloster Buchhagen mit 12,0 Prozent. Dessen Mönche entwickeln und pflegen den deutschsprachigen orthodoxen Kirchengesang. An ihre Übersetzungen ins Deutsche setzen sie hohe Maßstäbe. 2018 veröffentlichten sie die vollständig in Fraktur gesetzte „Göttliche Liturgie“.
Platz 1: Sebastian Kurz (29,7 Prozent)
Sebastian Kurz überzeugte die Leser der DEUTSCHEN SPRACHWELT zum einen durch seine Beredsamkeit. Er versteht es, mit wohlgesetzten Worten auch schwierige politische Zusammenhänge verständlich darzustellen. Der politische Gegner weiß sich dadurch nicht anders zu helfen, als ihn als „Schweigekanzler“ zu schmähen; ein Ausdruck, der 2018 zum „Österreichischen Wort des Jahres“ erhoben wurde. Dabei handelt es sich um eine politisch ähnlich einseitige Initiative wie das „Wort des Jahres“ der Gesellschaft für deutsche Sprache.
Ein Titel als „Schweigekanzler“ ist für Kurz jedoch genauso ungerechtfertigt und irreführend wie die eher von Neid getriebene Aktion „Answer like Kurz“, die vermeintliche Phrasen von Kurz aufspießt. Vielmehr ist es so, daß Kurz sich auch ohne Geschrei Gehör verschaffen kann. Zur Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte er im Juni 2018: „Ich finde, daß jede Form von Verrohung der Sprache in der Politik die Politik zerstört. Ich glaube, daß das keine Erbpacht von Rechtsparteien ist. Jede Partei, jede Person kann dem verfallen, und egal wer es macht, es ist schlecht.“
Doch Kurz kann nicht nur gut reden – „Schönsprech“ nennen das politische Gegner –, er gibt auch wichtige sprachpolitische Akzente. Bereits als Außenminister setzte sich Kurz für die deutsche Sprache als Schlüssel zur Integration ein, etwa für die vom Ministerrat 2016 beschlossenen „Startsprachgruppen“, die Kindern zugute kommen, die bei Schulbeginn nicht ausreichend Deutsch können.
Als Bundeskanzler setzte Kurz „Deutschklassen“ für Schüler mit mangelhaften Deutschkenntnissen durch. Er sorgte außerdem dafür, daß die Höhe der Sozialleistungen an Asylberechtigte von deren Willen zum Deutschlernen abhängt. Die volle Mindestsicherung soll nur noch bekommen, wer ausreichende Deutschkenntnisse besitzt und seinen Integrationswillen durch den Besuch von Wertekursen beweist. Das Gesetz soll im April dieses Jahres in Kraft treten. Die Mindestsicherung wird dann landesweit bei 863 Euro im Monat liegen. Davon sollen aber 300 Euro an Bedingungen geknüpft werden.
Platz 2: Bundesministerium für Landesverteidigung (20,3 Prozent)
Österreichs Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) verzichtet in seinen amtlichen Schriftstücken auf das „Binnen-I“. Für Verteidigungsminister Mario Kunasek ist das eine „Rückkehr zur sprachlichen Normalität“. Kunasek ordnete an, den Sprachgebrauch bei „geschlechtergerechten Formulierungen in Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften, Formularen usw. für den gesamten Ressortbereich des BMLV“ zu ändern. Im österreichischen Bundesheer wurde damit das Binnen „I“ ausgemustert. „Feministische Sprachvorgaben zerstören die gewachsene Struktur unserer Muttersprache bis hin zur Unlesbarkeit und Unverständlichkeit“, begründete Kunasek seine Haltung gegenüber der Kronen-Zeitung.
Die österreichische Bundesregierung entideologisiert auch in anderen Bereichen die Verwaltung. Dadurch befreit sie den Sprachgebrauch von entbehrlichen Genderismen. So wurde im Bildungsministerium die Abteilung für „Gender Mainstreaming“ abgeschafft. Es wäre wünschenswert, wenn dieser liberale Geist auch in die Regierung der Bundesrepublik Deutschland einzöge. (dsw)
Vorgeschlagen waren:
Österreichs Bundesministerium für Landesverteidigung: Das Ministerium verzichtet seit 2018 in seinen amtlichen Schriftstücken auf das „Binnen I“. Für Verteidigungsminister Mario Kunasek ist das eine „Rückkehr zur sprachlichen Normalität“.
Sebastian Kurz: Der Bundeskanzler der Republik Österreich sorgt dafür, daß die Höhe der Sozialleistungen an Asylberechtigte von deren Willen zum Deutschlernen abhängt. Die volle Mindestsicherung soll nur noch bekommen, wer ausreichende Deutschkenntnisse besitzt und Wertekurse besucht.
Horst Samson: Der Dichter, Lehrer, Liedermacher und Diplom-Journalist zählt zu den wichtigsten Vertretern rumäniendeutscher Literatur. Seine Gedichte sind in viele Sprachen übersetzt worden. Geprägt von der Verfolgung in der rumänischen Diktatur tritt er auch heute für Redefreiheit ein.
María Cecilia Barbetta: Die in Berlin lebende argentinische Schriftstellerin schuf mit ihrem zweiten Roman „Nachtleuchten“ (2018) ein Sprachkunstwerk. Sie schreibt auf deutsch, „weil Deutsch die Sprache ist, die ich liebe. Sie ist für mich die Sprache der Freiheit, eine Sprache, die ich mir wie eine Geliebte erobert habe und weiter erobern muß.“
Marlena Fischer: Die Germanistin veröffentlichte 2018 das kurzweilige Buch „Warum Deutsch die wundervollste Sprache der Welt ist“. Mit einem Augenzwinkern lenkt sie den Blick auf die Eigenheiten der deutschen Sprache und zeigt, warum diese gerade deswegen so liebenswert ist: eine Liebeserklärung der besonderen Art.
Deutsches orthodoxes Dreifaltigkeitskloster Buchhagen: Die Mönche im Buchhäger Kloster entwickeln und pflegen den deutschsprachigen orthodoxen Kirchengesang. Sie treten für die Hebung des Sprachniveaus ein. An ihre Übersetzungen ins Deutsche setzen sie hohe Maßstäbe. 2018 veröffentlichten sie das vollständig in Fraktur gesetzte Buch „Göttliche Liturgie“.
Gerald Lembke und Ingo Leipner: Die beiden Autoren weisen in ihrem 2018 in überarbeiteter Auflage erschienenen Buch „Die Lüge der digitalen Bildung“ nach, warum die übertriebene Digitalisierung gerade Kindern und Jugendlichen in ihrer geistigen Entwicklung eher schadet als nutzt.