Eine Gruppe anglophiler Akademiker um den Anglisten Anatol Stefanowitsch hat jetzt den Ausdruck „… for future“ zum „Anglizismus des Jahres“ gekürt. Auf dem zweiten Platz folgt „OK Boomer“, auf dem dritten „Deepfake“. Bereits im Dezember hatte die Wiesbadener „Gesellschaft für deutsche Sprache“ den Anglizismus „Fridays for Future“ – als „Wort im weiteren Sinne“ – neben den denglischen Ausdrücken „Donut-Effekt“, „brexitmüde“ und „gegengoogeln“ zu „Wörtern des Jahres“ gewählt. „OK Boomer“ ist ein Ausruf, mit dem jüngere Menschen mitteilen, daß es ihnen gleichgültig ist, was ältere Menschen sagen. „Deepfake“ ist ein Kofferwort aus „Deep Learning“ und „fake“ und bezeichnet eine bestimmte manipulative Bildbearbeitung.
Bei dem Ausdruck „… for future“ handelt es sich um eine „Phraseoschablone“, eine Redewendung, die am Anfang beliebig ergänzt werden kann. Dorthin werden verschiedene Wörter eingesetzt, um Anteil an der Aufmerksamkeit zu bekommen, die Medien dem allgegenwärtigen Klimathema widmen. So gibt es „Scientists for Future“, „Students for Future“, „Silvester for future“, „Feiern for future“ und sogar „Grundgesetz for future“.
Von Schwenglisch zu Denglisch
Überzeugt hat das Preisgericht am Ausdruck „… for future“ einerseits „die zentrale Bedeutung, die er in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um einen angemessenen Umgang mit der Erderwärmung einnimmt.“
Andererseits zeige die Geschichte des Ausdrucks, so die Preisrichter, daß Anglizismen nicht aufs Deutsche begrenzt seien. In gutem Englisch müsse es eigentlich „for the future“ heißen, bemerkt Stefanowitsch. Das Weglassen des Artikels „the“ führt er auf den Einfluß des Schwedischen zurück. Es liegt also eigentlich sogar ein schwedisch-englischer – „schwenglischer“ – Ausdruck vor.
Die englische Sprache gehört den Deutschen
Der Präsident des Preisgerichts, Anatol Stefanowitsch, freut sich besonders über deutsch-englische Vermischungen wie „Flugbegleiter for Future“: „Das zeigt, dass die englische Sprache längst allen Sprachgemeinschaften der Welt gehört, die sich hier eine sprachliche Form geschaffen haben, um die Hoffnung nach einer Zukunft ohne Klimakollaps Ausdruck zu verleihen – ob das den Sprachpurist/innen und CO2-Apologet/innen nun gefällt oder nicht.“ Diese scheinen zum Feindbild der Anglizismenfreunde zu gehören und sollen offenbar mit der Anglizismenkür besonders geärgert werden.
Politischer Hintergrund der Aktion?
Beobachter argwöhnen schon lange, daß der eigentliche Hintergrund der Aktion kein sprachlicher, sondern vielmehr ein politischer ist. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft solle einem oft von linken Ideen gefärbten Sprachgebrauch der Weg bereitet werden. Eine ähnliche Kritik gibt es auch an der Wahl zum „Unwort des Jahres“ durch die „sprachkritische Aktion“. Hier stand ebenfalls jüngst das Klimathema im Vordergrund. Die Sprachwächter um die Darmstädter Linguistin Nina Janich wollen nämlich den Ausdruck „Klimahysterie“ nicht mehr verwendet sehen, um „die Klimaschutzbewegung“ zu schützen. Häufiger als „Klimahysterie“ wurde allerdings ein anderer Ausdruck eingesandt: „Klimaleugner“.
Die Initiative „Anglizismus des Jahres“ will seit 2010 einen angeblich positiven Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes würdigen. Bisherige Anglizismen des Jahres waren leaken (2010), Shitstorm (2011), Crowdfunding (2012), die Nachsilbe -gate (2013), Blackfacing (2014), Refugees Welcome (2015), Fake News (2016), Influencer (2017) und Gendersternchen (2018). Unterstützt wird die Wörterwahl von Mitarbeitern des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim.
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